Aufhebungsvertrag oder Kündigung?

ARBEITSRECHT

Aufhebungsvertrag oder Kündigung?

Welche vertragliche Regelung bietet sich beim Ende eines Beschäftigungsverhältnisses an?

heron Seddrah Nazirvon RAin Seddrah Nazir, 27.05.2023

Nicht alle Beziehungen halten für immer. Kommt es zur Trennung, gibt es verschiedene Gestaltungsmöglichkeiten.

Arbeitgeber- und Arbeitnehmer*innen haben neben der Möglichkeit, das Arbeitsverhältnis durch eine normale Kündigung, also einer „einseitigen Willenserklärung“ zu beenden, auch die Möglichkeit, eine gemeinsame Aufhebungsvereinbarung zu treffen. Ein Aufhebungsvertrag hat im Unterschied zu einer normalen Kündigung das beidseitige einvernehmliche Ende eines Beschäftigungsverhältnisses zum Gegenstand. Zur Gültigkeit müssen einige Formen gewahrt werden. Grundsätzlich bedarf es der Zustimmung beider Parteien, um die Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses in einem Vertrag zu regeln. Es muss zwingend die Schriftform gewahrt werden und der Vertrag ist eigenhändig durch Namensunterschrift von Arbeitnehmer*in und Arbeitgeber*in zu unterzeichnen.
Mündliche Absprachen oder die elektronische Form per E-Mail, Doku-Sign etc. sind ungültig! Außerdem wird empfohlen, beiden Seiten eine 3-tägige Bedenkzeit einzuräumen und das Gebot des fairen Verhaltens zu beachten.
 

Zusammenfassung der Vereinbarungen und Klauseln, die in einem Aufhebungsvertrag geregelt werden können:

  • Festlegung des Datums, wann das Arbeitsverhältnis endet
  • Zahlung von (Rest-) Gehalt und eventueller Boni
  • Zahlung einer möglichen Abfindungssumme (Merke: hier fällt Lohnsteuer an, nicht aber Beiträge zur Renten-, Kranken- und Pflegeversicherung)
  • Regelung über die Handhabung der betrieblichen Altersvorsorge
  • Freistellungsvereinbarung: hier werden Überstunden, Resturlaub sowie Freizeitausgleichsansprüche einbezogen
  • Anstatt Resturlaub zu gewähren, besteht die Möglichkeit der Kompensation in Form einer Auszahlung
  • Arbeitszeugnis: Festlegung einer Note für Arbeitnehmer*innen: Möglichkeit der Neuaushandlung!
  • Gesellschaftseigentum und Daten: Regelung der Rückgabepflicht an die/den Arbeitgeber*in
  • Regelung des Wettbewerbsverbotes des/der Arbeitnehmer*in bis zur rechtlichen Beendigung des Arbeitsverhältnisses
  • Alle wechselseitigen Ansprüche der Parteien aus dem Anstellungsverhältnis werden als erledigt gekennzeichnet
  • Regelung der Verpflichtung zum Stillschweigen hinsichtlich Betriebsinterna und Vereinbarungen

 

Vorteile der Aufhebungsvereinbarung

a) für Arbeitgeber*innen:

  • der Kündigungsschutz kann aufgehoben werden
  • die Angabe eines Kündigungsgrundes entfällt
  • Gesetzliche oder vertragliche Kündigungsfristen entfallen
  • Betriebsrat muss nicht angehört werden und hat kein Mitbestimmungsrecht
  • Beendigungszeit kann frei gewählt werden
  • Langwierige Verfahren vor Arbeitsgerichten können vermieden werden

b) für Arbeitnehmer*innen:>

  • Abfindungshöhe kann frei vereinbart werden
  • Beeinflussung der Gestaltung des Arbeitszeugnisses
  • Freistellung von der Erbringen der Arbeitsleistung
  • Durch Aufhebung der Kündigungsfrist erhöhte Flexibilität für Anschlussbeschäftigung
  • Bei einer angedrohten Kündigung übernehmen Rechtsschutzversicherungen oft die Anwaltsgebühren

 

Nachteile der Aufhebungsvereinbarung

a) für Arbeitgeber*innen:

  • Häufig muss eine (hohe) Abfindung gezahlt werden
  • Evtl. Schadenersatzforderungen durch Verletzung der Aufklärungspflicht

b) für Arbeitnehmer*innen:

  • Anspruch auf Kündigungsschutz entfällt
  • Keine Kündigungsfrist
  • Keine Unterstützung vom Betriebsrat
  • Sperrzeit beim Arbeitslosengeld

 
Unsere Erfahrung zeigt, ein Aufhebungsvertrag kann eine Alternative zu einer Kündigung sein.

Für beide Seiten gibt es Vor- und Nachteile, die man gründlich abwägen sollte. Grundsätzlich sollten Adhoc-Entscheidungen vermieden werden und alle Beteiligten sollten einen Fachanwalt für Arbeitsrecht hinzuziehen, um eine für beide Seiten annehmbare Vereinbarung zu treffen.

 
 
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Weiterbildungsgetz von Arbeitsminister Heil für Arbeitnehmer*innen

ARBEITSRECHT

Weiterbildungsgesetz von Arbeitsminister Hubertus Heil

Die Entwicklung des neuen Weiterbildungsgesetzes

von Sasan Krenkler, 11.05.2023

In Zeiten der Transformation und Digitalisierung wird berufliche Weiterbildung immer wichtiger.
Der Fachkräfte- und Arbeitskräftemangel gefährdet die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft. Jede geförderte Maßnahme ist deshalb willkommen.

31.01.2023: Ein neues Weiterbildungsgesetz für Arbeitnehmer*innen vom Bundesminister für Arbeit und Soziales Hubertus Heil soll bald in Kraft treten.

 
Bis zu einem Jahr – wahlweise aber auch als 2-jähriges Teilzeitmodell – sollen Beschäftigte in Deutschland eine bezahlte Aus- oder Weiterbildungszeit nehmen können. Vorbild ist die in Österreich schon lange übliche „Bildungskarenz“.
In Form eines „Bildungsgeldes“ sollen Weiterbildungen mit bis zu 67 % des bisherigen Verdienstes unterstützt werden. Auch Azubis und Schulabgänger*innen sollen davon profitieren, beispielsweise durch Fahrkostenzuschüsse oder durch die Übernahme von Übernachtungskosten. Junge Menschen sollen ermutigt werden auch weiter entfernte Ausbildungsorte im Betracht zu ziehen. Auf diese Weise soll dem Fachkräftemangel in Deutschland ein Stück entgegengesteuert werden. Das immer dringlichere Problem unbesetzter Stellen betrifft nicht nur wie bisher hauptsächlich Unternehmen, sondern auch immer verstärkter den öffentlichen Sektor.
 

Welche Gründe gibt es für die Maßnahmen des Bundes?

 
Der Fachkräftemangel wird ab 2025 noch zunehmen, wenn sich die Babyboomer-Generation Schritt für Schritt in den Ruhestand verabschiedet, was gravierende Folgen für den Standort Deutschland haben wird. Um dem entgegenzusteuern soll die junge Generation mit geeigneten Bildungsmaßnahmen für den Arbeitsmarkt gewonnen werden. Der vor Kurzem veröffentlichte Berufsbildungsbericht des Bundesinstituts für Berufsbildung (BIBB) verdeutlichte noch ein anderes Problem: mehr als 2.5 Millionen Menschen in Deutschland zwischen 20 und 34 Jahren haben keine abgeschlossene Ausbildung. Mit der Quote von 17 Prozent markiert dies einen historischen Höchststand und unterstreicht die Notwendigkeit von schnellen Maßnahmen. Auch das jährlich ca. 45.000 Schüler*innen ohne Abschluss die Schule lässt aufhorchen. Daneben sind Frauen ebenfalls Nutznießer einer solchen Maßsnahme. Nach jahrelanger Familienarbeit haben sie genauso wie ältere Menschen und Personen mit Handicap mit Nachteilen am Arbeitsmarkt zu kämpfen.
 

Was soll das Qualifikationspaket bewirken?

 

  • Einsparung von Ausgaben und Entlastung der Sozialkassen (Arbeitslosengeld)
  • Ermutigung der Arbeitnehmer*innen in zukunftsweisende Berufsausbildungen einzusteigen, z. B. im Energiesektor
  • Durch mehr Beitragszahler sollen die Rentenkassen entlastet werden
  • Der Wirtschaftsstandort Deutschland wird durch lokale, verfügbare und gut qualifizierte Fachkräfte gestärkt
  • Allgemein höhere Zufriedenheit durch durchschnittlich höhere Einkommen macht Deutschland krisenfest
  • Ältere Menschen und Frauen nach der Erziehungszeit wird der Zugang zum Arbeitsmarkt erleichtert

 

29.03.2023: Das neue Weiterbildungsgesetz geht in abgespeckter Form ins Kabinett

 
Die ursprünglich geplante bezahlte Bildungszeit wird verschoben und soll mit einem zweiten Gesetzespaket eingeführt werden. Dagegen haben sich die Bundesministerien in einer sogenannten Frühkoordinierung auf eine Ausbildungsgarantie und das Qualifizierungsgeld geeinigt. Mit dem Qualifizierungsgeld können Beschäftige bis zu 3,5 Jahre gefördert werden, insbesondere in Branchen, die vom Strukturwandel betroffen sind. Davon betroffene Unternehmen können durch Qualifizierungsmaßnahmen Arbeitnehmer*innen weiter beschäftigen und sich neu ausrichten. Dadurch können sie zukunftssicher gemacht werden. Die Übernahme der Entgeltkosten in Form eines Qualifizierungsgeldes übernimmt der Bund, die Kosten für die Qualifikation selbst trägt der Betrieb. Die Ausbildungsgarantie beinhaltet Berufspraktika, die Vor-Ort in Betrieben absolviert werden. Eine Übernahmegarantie nach der Ausbildung, stärkere Unterstützung durch das Arbeitsamt sowie eine Mobilitätsgarantie sollen allen Jugendlichen gleichberechtigt eine Berufsqualifikation ermöglichen.
Die Verlängerung der Erstattungen bei beruflicher Weiterbildung während Phasen der Kurzarbeit sollen zum 1. Juli 2023, die Reform der Weiterbildungsförderung Beschäftigter sowie die Einführung des Qualifizierungsgeldes zum 1. Dezember 2023 und die Ausbildungsgarantie in wesentlichen Teilen zum 1. April 2024 in Kraft treten.
 
Fazit: Mangelnde Qualifikation hat nicht nur Auswirkungen auf einzelne, sondern auch auf die Wettbewerbsfähigkeit des Wirtschaftsstandortes Deutschland. Menschen ohne Abschluss verdienen deutlich weniger Geld und sind häufiger von Arbeitslosigkeit betroffen. Unsere eigenen Auswertungen belegen dies. Über alle Branchen hinweg führen Weiterbildungen und zusätzliche Qualifikationen zu deutlich höherem Einkommen. Eine weitere Beobachtung von uns ist: Sollte ein Job-Wechsel anstehen, finden qualifizierte Fachkräfte deutlich schneller und leichter eine neue Stelle. Eine staatlich geförderte Weiterbildungspolitik kann nur wünschenswert sein.
 

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